Anhängige Revisionsverfahren und zu erwartende Entscheidungen 2016
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Ende des vergangenen Jahres eine aktuelle Liste der zum Jahresende anhängigen Revisionsverfahren veröffentlicht. Hieraus wird im neuen Jahr 2016 eine Vielzahl von Entscheidungen erwartet. Unter anderem stehen folgende Fälle im Vordergrund:
Streitig ist, ob eine Gewinnerhöhung aus der Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags anlässlich einer Betriebsaufgabe dem laufenden Gewinn zuzurechnen ist. Damit würde der Gewinn der vollen Besteuerung unterliegen. Andernfalls wäre der Gewinn Bestandteil des begünstigten Veräußerungs-/Aufgabegewinns und würde in den Betriebsaufgabe-Freibetrag in Höhe von € 45.000,00 einfließen (Az. X R 16/15). Der Freibetrag wird auf Antrag gewährt, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat (§ 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz – EStG).
Streitig ist ferner, ob der bloße Werbungskostenabzug für den Entfernungskilometer – also nicht für jeden tatsächlich gefahrenen Kilometer – gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Letzteres wird durch die Privilegierung der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel begründet (Az. VI R 48/15).
Zu diesem Themenbereich sind im kommenden Jahr gleich zwei Entscheidungen zu erwarten. In dem Verfahren IX R 28/15 geht es um die Verrechnung von Mietzahlungen mit dem gesetzlich möglichen Unterhaltsanspruch. Der BFH hat hier zu entscheiden, ob in solchen Fällen von einem fremdüblichen Mietverhältnis ausgegangen werden kann und damit der volle Werbungskostenabzug von den Vermietungseinkünften zulässig ist. Das anhängige Verfahren IX R 42/15 setzt sich in der Hauptsache mit dem Fall auseinander, dass die Eltern als Mieter in ein Pflegeheim ziehen und der Vermieter (das Kind) ab diesem Zeitpunkt fällige Mietforderungen gegenüber den Eltern nicht mehr geltend macht. Dies, obwohl der Mietvertrag noch besteht. Im Mittelpunkt steht hier wieder das Bestehen einer Einkünfteerzielungsabsicht, welche Voraussetzung für einen vollen Werbungskostenabzug ist.
Stand: 21. Dezember 2015
Nichtabziehbarkeit bei Einkommensteuer zulässig
Die Gewerbesteuer war bis 2008 als Betriebsausgabe abzugsfähig. Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde der Betriebsausgabenabzug gestrichen. Stattdessen wurde der Anrechnungsfaktor zur Steuerermäßigung von 1,8 auf 3,8 des Gewerbesteuermessbetrages erhöht.
Wegen der Nichtabzugsfähigkeit waren in der Vergangenheit verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Der Bundesfinanzhof hat diese jetzt jedoch zurückgewiesen. Das Abzugsverbot verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot oder die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (BFH vom 10.9.2015, IV R 8/13).
Der BFH begründete seine Entscheidung u. a. damit, dass die Unternehmensteuerreform 2008 auch Steuerentlastungen mit sich brachte und die Erhöhung der Gewerbesteuerbelastung im Gesamtzusammenhang mit den steuerlichen Entlastungen zu sehen ist. Außerdem würde bei Personenunternehmen die Gewerbesteuer teilweise auf die Einkommensteuer der Anteilseigner angerechnet.
Stand: 21. Dezember 2015
Höheres Kindergeld und neue Voraussetzungen für Kindergeldzahlungen
Das Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags vom 16.7.2015 (BGBl 2015 I S. 1202) bringt zum 1.1.2016 höhere Familienleistungen mit sich. Das Kindergeld für das erste und zweite Kind steigt von € 188,00 auf € 190,00. Das Kindergeld für das dritte Kind wird von € 194,00 auf € 196,00 erhöht. Und das Kindergeld für das vierte und jedes weitere Kind beträgt ab 2016 € 221,00 (bisher € 219,00). Der Kinderfreibetrag steigt von € 7.152,00 auf € 7.248,00.
Ab 1.1.2016 ist zur Kindergeldauszahlung die Angabe der Steuer-Identifikationsnummer des Kindergeldempfängers und die Steuer-Identifikationsnummer des Kindes Voraussetzung. Die Regelung gilt ab 1.1.2016 unabhängig von dem Geburtsdatum des Kindes. Das heißt, dass die Steuer-Identifikationsnummern auch für jene Kinder mitzuteilen sind, die vor dem 1.1.2016 geboren worden sind. Steuer-Identifikationsnummern für Kinder sind im jeweiligen Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) enthalten. Das BZSt erteilt jedem Neugeborenen bzw. jeder in einem deutschen Melderegister erfassten Person eine Steuer-Identifikationsnummer.
Für Neuanträge empfiehlt es sich, die vom Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilende Steuer-Identifikationsnummer des Kindes abzuwarten. Der Kindergeldantrag kann erst mit dieser Nummer abschließend bearbeitet werden.
Für Kinder, die im EU-Ausland leben, besteht unter Umständen Anspruch auf Kindergeld. Sofern diesen keine Steuer-Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, ist die Identität mit anderen Dokumenten nachzuweisen, beispielsweise mithilfe der in den jeweiligen Ländern verwendeten Personenidentifikationsmerkmale.
Die beiden Nummern sind der Familienkasse schriftlich mitzuteilen. Dabei genügt es, wenn die Steuer-Identifikationsnummern im Laufe des Jahres 2016 nachgereicht werden. Die Mitteilungen müssen schriftlich erfolgen. Eine telefonische Übermittlung ist nicht möglich. Unterbleibt die Mitteilung, werden die Kindergeldzahlungen rückwirkend zum 1.1.2016 aufgehoben. Das seit dem Januar ausgezahlte Kindergeld wird wieder zurückgefordert.
Stand: 21. Dezember 2015
Einstimmiger Beschluss des Finanzausschusses
Der Startschuss für einen automatischen Informationsaustausch von Finanzkonten fiel am 28. und 29.10.2014 in Berlin. Anlässlich der 7. Jahrestagung des Globalen Forums zu Transparenz und Informationsaustausch für Besteuerungszwecke unterzeichneten mehr als 50 Vertreter der Finanzministerien und Steuerbehörden ein internationales Abkommen. Gemeldet werden danach u. a. Name und Anschrift, Ansässigkeitsstaat(en), Steuer-Identifikationsnummer bzw. bei natürlichen Personen Geburtsdatum und Geburtsort, die Kontonummer, Kontosaldo oder Kontowert. Mitgeteilt wird auch jeder rückkaufsfähige Versicherungsvertrag.
Im November des vergangenen Jahres hat der Finanzausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen die internationale Vereinbarung gebilligt. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt über das „Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze“ (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG – BT Drucks 18/5920 vom 7.9.2015).
Die erste Datenübermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern als zuständige Behörde für die Weiterleitung der Daten an die ausländischen Wohnsitzfinanzämter hat von den meldenden Finanzinstituten erstmals zum 31.7.2017 zu erfolgen (§ 5 Abs. 1 FKAustG-E). Zu übermitteln sind die Daten aus dem Vorjahr 2016. Das Bundeszentralamt für Steuern meldet die Daten jeweils zum 30. September eines Jahres an die ausländischen Finanzbehörden weiter. Der Datenaustausch erfolgt erstmals zum 30.9.2017 für 2016 (§ 27 FKAustG-E).
Stand: 21. Dezember 2015
Keine Hinzurechnung zum Gewerbeertrag
Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. Dieser setzt sich zusammen aus dem nach den einkommensteuer- bzw. körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn, vermehrt und vermindert um bestimmte Hinzurechnungen bzw. Kürzungen.
Dem Gewinn ist u. a. ein Viertel der Aufwendungen für Schuldzinsen hinzuzurechnen. Darunter fällt auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden Skonto im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen vor Fälligkeit (§ 8 Satz 2 Nr. 1 a Gewerbesteuergesetz – GewStG). Fraglich war bisher, wie Negativzinsen im Rahmen dieser Hinzurechnungsvorschrift zu behandeln sind.
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben jetzt in gleichlautenden Erlassen (vom 17.11.2015) bestimmt, dass die von einem gewerblichen Unternehmen zu zahlenden negativen Einlagezinsen nicht für die Nutzung von Kapital eines Dritten gezahlt werden. Letztere sind vielmehr Entgelt für die Verwahrung von Eigenkapital. Daher entfällt für Negativzinsen eine Hinzurechnung beim Gewerbeertrag.
Stand: 21. Dezember 2015
Die Beitragssätze in der gesetzlichen Sozialversicherung bleiben 2016 unverändert. Der 2015 festgeschriebene allgemeine Krankenkassenbeitragssatz von 14,60 % gilt auch für 2016 unverändert. Änderungen gibt es jedoch beim Zusatzbeitrag. Unverändert bleibt auch der ermäßigte Beitragssatz mit 14 %. Auch beim Beitragssatz zur Pflegeversicherung gibt es 2016 keine Erhöhungen. Er beträgt unverändert 2,35 %. Weitere Erhöhungen sind allerdings ab 2017 durch das Pflegestärkungsgesetz II zu erwarten. Der Beitragszuschlag für Kinderlose beträgt unverändert 0,25 %. Der Rentenversicherungsbeitrag 2016 beträgt unverändert 18,70 %. Schließlich bleibt auch der Arbeitslosenversicherungssatz mit 3,00 % unverändert.
Der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beträgt für das Jahr 2016 1,1 %. Damit liegt der Zusatzbeitrag um 0,2 Prozentpunkte höher als 2015. Den vom Versicherten zu zahlenden Zusatzbeitrag legt die betreffende Krankenkasse individuell fest.
Krankenkassen, die ihren Zusatzbeitrag 2016 erhöhen, müssen ihre Mitglieder vorab in einem gesonderten Schreiben darüber informieren und auf ein Sonderkündigungsrecht hinweisen, welches jedem Versicherten bei Beitragserhöhungen zusteht.
Stand: 21. Dezember 2015
Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten erhoben. Das heißt, der Unternehmer muss die Umsatzsteuer unabhängig davon berechnen und an das Finanzamt abführen, ob er diese von einem Geschäftspartner schon vereinnahmt hat. Zahlt dieser letztendlich nicht, kann die Umsatzsteuer zwar berichtigt werden, diese muss jedoch zunächst vom Unternehmer vorausbezahlt werden.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Finanzamt die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten gestatten. In diesen Fällen führt der Unternehmer die Umsatzsteuer erst an das Finanzamt ab, wenn er sie von seinem Geschäftspartner vereinnahmt hat. Er muss somit die Umsatzsteuer nicht im Voraus entrichten.
Eine Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten ist dann zulässig, wenn der Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als € 500.000,00 betragen hat oder eine Buchführungspflicht nicht besteht oder der Unternehmer Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bezieht.
Eines ausdrücklichen Antrags bedarf es nach neuerem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht (Urteil vom 18.8.2015, V R 47/14). Ein solcher Antrag kann auch konkludent gestellt werden. Geht aus den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Einnahmen-Überschussermittlung ausdrücklich hervor, dass in der Umsatzsteuerjahreserklärung nur die Ist-Umsätze deklariert worden sind, gilt ein solcher Antrag als gestellt. Setzt das Finanzamt sodann die Umsatzsteuer antragsgemäß fest, gilt der Antrag als genehmigt.
Stand: 21. Dezember 2015
Der Lohnsteuer unterliegen neben Geldbezügen auch Sachbezüge, soweit sie aus dem Beschäftigungsverhältnis herrühren. Arbeitnehmer erhalten vielfach neben ihren Lohnbezügen auch freie Unterkunft und Verpflegung. Zur wertmäßigen Bemessung dieser Leistungen enthält die „Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt“ (sogenannte Sozial-versicherungsentgeltverordnung – SvEV) bestimmte Sachbezugswerte. Diese gelten auch im Steuerrecht.
Die amtlichen Sachbezugswerte werden jährlich neu festgelegt. Für 2016 sind folgende Werte maßgeblich: Für ein kostenfreies Frühstück gilt ein Wert von € 50,00 im Monat bzw. € 1,67 pro Tag. Für das tägliche Mittag- oder Abendessen sind € 93,00 im Monat bzw. € 3,10 pro Tag festzusetzen. Für eine komplette freie Verpflegung gilt ein Sachbezugswert von € 236,00 pro Monat. Die freie Unterkunft ist mit einem Pauschbetrag von € 223,00 anzusetzen.
Erhält ein Beschäftigter zu seinem Lohn hinzu freie Verpflegung und Unterkunft, sind insgesamt € 459,00 dem steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn hinzuzurechnen. Das sind gegenüber 2015 € 7,00 mehr.
Stand: 21. Dezember 2015
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